Mit welchen Themen befasst sich die Rechtspsychologie?

Rechtspsychologische Themen können gemäß der Weiterbildung zum Fachpsychologen für Rechtspsychologie nach BDP / DGPS den folgenden 7 Anwendungsbereichen zugeordnet werden:

Fragestellungen im strafrechtlichen Hauptverfahren

Diesem Themenbereich sind Fragestellungen zur Schuldfähigkeit von Straftätern, die Frage der Entwicklungsreife bei heranwachsenden und minderjährigen Straftätern sowie Fragen der Einweisungsprognose bei verurteilten Straftätern zuzuordnen. Grundlage dieser Fragestellungen sind Fragestellungen nach den §§ 20 und 21 des StGB, welche die Aufhebung bzw. Einschränkung der Schuldfähigkeit bei Vorliegen erheblicher psychischer Störungen festlegen. In diesen Fällen ist zumeist von den Gerichten ein psychiatrischer oder psychologischer Sachverständiger hinzuzuziehen.

Strafrechtliches Vollstreckungsverfahren und psychologische Tätigkeit im Straf- und Maßregelvollzug

Unter diesen Themenbereich fallen Fragestellungen betreffend die Gefährlichkeitseinschätzung von Rechtsbrechern. Hier werden psychologische Sachverständige hinzugezogen, die Aussagen über die Prognose der zukünftigen Gefährlichkeit des Rechtsbrechers machen sollen. Darüber hinaus fällt in den Tätigkeitsbereich der psychologischen Tätigkeit im Straf- und Maßregevollzug die Frage nach Lockerungseignung sowie der zukünftigen Vollzugsplanung von Rechtsbrechern.

Aussagepsychologische Fragestellungen

Aussagepsychologische Sachverständige werden vom Gericht bestellt, wenn die Sachkunde des Richters nicht ausreichend ist, um den Erlebnisbezug einer Zeugenaussage zu beurteilen. Die Aufgabe des Sachverständigen ist es, hypothesengeleitet zu überprüfen, ob die vorliegende Aussage auf andere Wege als durch einen Erlebnisbezug entstanden sein könnte – beispielsweise durch Suggestion oder eine intentionale Falschaussage.

Familienrechtliche Fragestellungen

Familiengerichte beauftragen psychologische Sachverständige, wenn ihnen hinsichtlich elterlicher Sorge und Umgangsfragen die notwendige Sachkunde fehlt eine Entscheidung zu treffen, die zur Wahrung des Kindeswohls am besten geeignet ist. Hierunter fallen darüber hinaus Fragen über das Bestehen einer Kindeswohlgefährdung im Zusammenhang mit der Frage der Notwendigkeit einer Herausnahme des Kindes aus dem elterlichen Haushalt. Genauso kann das Familiengericht den Sachverständigen im Falle einer Inobhutnahme den Sachverständigen mit der Evaluation der Möglichkeit einer Rückführung des Kindes in den elterlichen Haushalt beauftragen. Seltener beauftragen Familiengerichte psychologische Sachverständige mit Fragen zur Adoption oder Namensänderung von Kindern

Sonstige rechtliche Fragestellungen

Andere rechtliche Fragestellungen, die keinem der obigen Bereiche zuzuordnen sind, sind beispielsweise sozialrechtliche Fragestellungen nach der Erwerbsfähigkeit, waffenrechtliche Fragestellungen nach der Eignung zur Waffenführung sowie Fragen im Rahmen von Verfahren nach dem Opferentschädigungsgesetz.

Insgesamt beschäftigen sich Rechtspsychologen somit mit psychologischen Fragestellungen innerhalb verschiedener Rechtsgebiete, welche sich innerhalb von Gerichtsverhandlungen oder verwaltungsrechtlichen Entscheidungen ergeben (Wegener, 1981).

Wie werde ich Rechtspsycholog:in?

Wenn dem Gericht zur Beantwortung einer Frage die nötige Sachkunde fehlt, steht es ihm frei, einen Sachverständigen zu bestellen. Die Wahl des Sachverständigen obliegt hierbei dem Gericht. Wichtig ist jedoch, dass der beauftragte Sachverständige prüfen muss, ob der Auftrag in sein Fachgebiet fällt und ob er die notwendigen Kompetenzen mitbringt, die vorliegenden Fragen zu beantworten.

Um diese Kompetenzen nachzuweisen ist der Nachweis eines Psychologiestudiums mit Schwerpunkt Rechtspsychologie durchaus ausreichend. Sollte ein solcher Studiengang nicht absolviert worden sein, gibt es die Möglichkeit, die Weiterbildung zum Fachpsychologen für Rechtspsychologie (BDP / DGPs) zu absolvieren. Hierfür ist lediglich Voraussetzung, dass man einen Masterstudiengang der Psychologie absolviert hat. Die Weiterbildung fordert zum einen den Besuch von theoretischen Seminaren und zum anderen einen Praxisnachweis in Form von beruflicher Erfahrung sowie Einzel- und Gruppensupervisionsstunden. Die Supervision von Gutachtenaufträgen ist jedoch für Berufsanfänger unabhängig von ihren Qualifikationen unabdingbar. Ein Vorteil der Weiterbildung ist, dass diese sich sehr gut berufsbegleitend absolvieren lässt.

Schließlich sollte nicht unerwähnt bleiben, dass rechtspsychologische Studiengänge noch weder lange etabliert noch großflächig vertreten sind. Somit ist es nicht überraschend, dass psychologische Sachverständige, die bereits länger im Beruf sind, sich ihre Qualifikation damals noch durch jahrelange Berufserfahrung erarbeitet haben. Bei Interesse an einem rechtspsychologischen Werdegang ist es heutzutage jedoch durchaus empfehlenswert, die bestehenden Fortbildungsangebote wahrzunehmen, um sich vor den Auftraggebern als qualifizierter Sachverständiger auszuweisen.

Zusammenfassend ist also zu sagen:

Wie starte ich in den Beruf?

Rechtspsychologen arbeiten in den seltensten Fällen in einem Angestelltenverhältnis. Die meisten Rechtspsychologen schließen sich freiberuflich einer Praxisgemeinschaft an und erhalten über diese Aufträge sowie Zugriff auf Räumlichkeiten.

Der Beitritt einer Praxisgemeinschaft oder die Suche nach einem geeigneten Supervisor sollte für Berufsanfänger in jedem Fall der erste Schritt sein, da zum einen ohne einen Namen beim Gericht zu haben die Auftragsakquise schwerfällt und zum anderen die ersten Sachverständigengutachten alle von erfahrenen Kollegen supervidiert werden sollten.

Bei der Suche nach geeigneten Praxen und Kollegen unterstützt rechtspsychologie.online. Hier kann explizit nach Kollegen gefiltert werden, die auf der Suche nach Praktikanten sind oder ausbilden. Nachdem man genug Berufssicherheit gesammelt hat, steht einem natürlich jederzeit frei, selbstständig eine Praxis zu eröffnen.

Insgesamt sollten für Berufsanfänger somit die ersten Schritte sein:

  1. M.Sc. Studium der Psychologie absolvieren (vorzugsweise mit Fokus Rechtspsychologie)
  2. Anmeldung zur Weiterbildung als Fachpsychologe für Rechtspsychologie (BDP/DGPs) (https://zwpd.transmit.de/zwpd-dienstleistungen/zwpd-rechtspsychologie/zwpd-anmeldung-weiterbildung)
  3. Suche einer Praxisgemeinschaft bzw. eines Supervisors, unter dessen Aufsicht erste Gutachtenaufträge angenommen werden
  4. Ausübung der rechtspsychologischen Tätigkeit und nebenher Besuch von Seminaren im Rahmen der Weiterbildung